
Die Landesregierung hat am heutigen Donnerstag für einen Paukenschlag in der Ministerriege und auch in der Lausitz gesorgt. Der Präsident der Brandenburgische Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU), Prof. Dr. Jörg Steinbach, wird Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg und übernimmt somit die Nachfolge von Albrecht Gerber, der aus familiären Gründen seinen Rücktritt erklärt hatte. Steinbach gehört keiner Partei an und soll am 19. September vereidigt werden.
Ministerpräsident Dietmar Woidke hat den 62-jährigen Chemie-Ingenieur heute offiziell als Nachfolger von Albrecht Gerber vorgestellt. Wie Steinbach in einer Rundmail an seine Studierenden geschrieben hat, wurde er vom Landeschef persönlich gebeten, die Aufgabe zu übernehmen. Weiter schreibt Steinbach, dass er seine Erfahrungen aus der Wirtschaft und Wissenschaft gewinnbringend in der Landesregierung für sein Land und seine zweite Heimat, die Lausitz, einbringen und sich für die Stärkung der Demokratie einsetzen will. Angenommen hat er das Angebot auch, weil er sich in diesen unruhigen Zeiten verpflichtet fühlt, das Vertrauen der Gesellschaft in die Politik zurückzuholen. Ebenfalls will Steinbach sein Wissen und seinen Erfahrungsschatz nutzen, um den Lausitzer Strukturwandelprozess auf politischer Ebene mitzugestalten. Aus dieser Verantwortung heraus hat Steinbach sich für diesen Schritt entschieden. Zeitgleich hat er aber auch deutlich gemacht, dass ihm der Wechsel in die Politik nicht leicht fällt, besonders weil ihm die Universität ans Herz gewachsen ist.
Prof. Dr. Jörg Steinbach wechselte 2015 von der TU Berlin an die BTU Cottbus-Senftenberg, um die neugegründete Universität zusammenzuführen und für die Zukunft auszurichten.
Erst kürzlich hatte er in unserem Sommerinterview auf die bisher durchaus erfolgreiche Entwicklung der Universität verwiesen, aber dennoch auf viele weitere Aufgaben und Herausforderungen aufmerksam gemacht. Zudem hat er auch immer wieder betont, dass die bisherige finanzielle Ausstattung der Universität seitens des Landes unzureichend ist. Ebenfalls konnte er sich im Interview eine Verlängerung seiner Amtszeit als Unipräsident vorstellen.
Das NLa Sommerinterview mit Prof. Dr. Jörg Steinbach, veröffentlicht am 24.Juli 2018:
Reaktionen aus dem Land
Ministerpräsident von Brandenburg Dietmar Woidke: Ich freue mich sehr, dass ich mit Prof. Steinbach eine starke Persönlichkeit für diese Schlüsselposition in meinem Kabinett gewinnen konnte, die über Landes- und Parteigrenzen hinweg für Zukunftsdenken, Innovation und Pragmatismus steht. Steinbach verfügt über herausragende Erfahrungen sowohl in der Wirtschaft als auch in der Wissenschaft. Er ist auch durch seine langjährige Tätigkeit in Berlin bestens vernetzt. Seine Berufung als Gründungspräsident der BTU Cottbus-Senftenberg hat sich als Glücksfall erwiesen. Er hat es geschafft, die beiden Universitätsstandorte zusammenzuführen. Das war auch gegen anfängliche Widerstände eine Meisterleistung. Das heißt: Er kann Verwaltung, er kann moderieren und zusammenführen und entscheiden. Ich bin sicher: Er kann Minister. Zugleich engagiert er sich sehr stark für ein weltoffenes und tolerantes Brandenburg als überzeugter Humanist und auch ganz pragmatisch, denn er weiß: Engstirnigkeit und Hass schaden dem Lebens- und Wirtschaftsort Brandenburg. Und nicht zuletzt: Steinbach kennt und liebt die Lausitz. Er begleitet schon in seiner jetzigen Funktion die dortige Strukturentwicklung mit Leidenschaft und Ideenreichtum. Ich bin sicher, er wird dies in seiner neuen verantwortungsvollen Tätigkeit ebenso tun, aber selbstverständlich stets das ganze Land im Blick haben. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm
Oberbürgermeister der Stadt Cottbus Holger Kelch: Mit der Berufung von Prof. Jörg Steinbach zum neuen Wirtschaftsminister Brandenburgs verlieren Cottbus und die Lausitz eine wichtige Säule im Strukturwandel. Wir erwarten, dass sehr schnell ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für die BTU Cottbus-Senftenberg mit exzellentem Fachwissen, hoher Führungskompetenz und Heimatverbundenheit gefunden wird. Die Universität ist ein Pfund im Strukturwandel, das personelle Kontinuität für die Entwicklung und Innovationskraft der Lausitz benötigt. Wir setzen darauf, dass Jörg Steinbach sein Engagement für Cottbus/Chóśebuz und die Lausitz in seiner neuen Funktion als Minister fortsetzt und die Region in den schwierigen Prozessen, die anstehen, im Blick behält.
IHK Cottbus: „Es ist ein wichtiges Signal für die Lausitz, dass mit Professor Steinbach ein exzellenter Kenner der Region und des Strukturwandels zum Minister berufen wurde. Er wird die engagierte Arbeit des scheidenden Ministers Albrecht Gerber für tragfähige wirtschaftliche Perspektiven in Südbrandenburg fortsetzen“, erklärt Dr. Wolfgang Krüger, Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus. Zudem wird mit der Berufung von Professor Steinbach ein starkes Zeichen für die Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft in Brandenburg gesetzt, die für die Innovationskraft des Landes notwendig ist.
Grüne Liga: Der Umweltverband GRÜNE LIGA kritisiert, dass mit dem BTU-Präsidenten Jörg Steinbach ein Mitglied des Aufsichtsrates des Kohlekonzerns LEAG Minister für Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg werden soll. „Wir erwarten nicht nur, dass Jörg Steinbach umgehend seinen Aufsichtsratsposten aufgibt, sondern auch, dass künftige BTU-Präsidenten diesen Interessenskonflikt konsequent vermeiden. Für einen erfolgreichen Strukturwandel braucht die Lausitz eine unabhängige Wissenschaft ebenso wie eine Landesregierung, die endlich über die Interessen des Kohlekonzerns hinaus denken lernt.“ kommentiert René Schuster von der GRÜNEN LIGA die heute bekanntgewordene Entscheidung zur Ernennung des neuen Wirtschaftsministers. Laut einem Handelsregisterauszug der Lausitzer Energie Bergbau AG vom 14.10.2016 war Prof. Dr. Jörg Steinbach bereits bei Bildung der LEAG Mitglied ihres Aufsichtsrates. Aufsichtsratsmitglieder sind nach Aktienrecht zur Loyalität gegenüber dem Unternehmen verpflichtet.
SPD-Landtagsfraktion (Vorsitzender Mike Bischoff): „Jörg Steinbach ist eine ausgezeichnete Wahl für dieses wichtige Ministeramt. Er vereint in sich viele Qualitäten: Erfahrung in öffentlicher Verwaltung und Management, gute Brandenburg-Kenntnisse und eine klare Haltung zu gesellschaftlichen Fragen. Zudem verfügt er über eine hohe kommunikative Kompetenz und die Fähigkeit, gemeinsam mit vielen Beteiligten die besten Lösungen zu finden. Als Präsident der BTU Cottbus-Senftenberg hat er den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sehr unterstützt. Ich bin mir sicher, dass Jörg Steinbach trotz der Kürze der verbleibenden Amtszeit Impulse für eine zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik des Landes Brandenburg geben kann.“
red